FAQ zur Ragų alla Bolognese
Zuvor darf ich ohne Groll auf alle früheren Beteiligten anmerken: Zu keiner Rezeptur musste ich so viel Rechenschaft ablegen wie zu meiner „ragù alla bolognese“. Zu keiner meiner Rezepturen habe ich so viel an angeblichem Fachwissen um die Ohren bekommen wie zu diesem Rezept. In den letzten Jahren habe ich mindestens 4 Aufsätze und Literaturabhandlungen verfasst, um sie an sogenannte Profis (Köche) zu versenden. Trotz des Verweises auf italienische Freunde aus der Region Bologna unterstellte man mir immer wieder, dass ein „Schwabe“ außer von Spätzle, Maultaschen und Zwiebelrostbraten, keine Ahnung hätte. Und trotzdem freue ich mich immer wieder aufs Neue, wenn ich in eine Diskussion um das wohl beste Ragù der Welt eintrete.
Woher stammt der Name "ragų alla bolognese"
- Ragų ist abgeleitet vom französischen Wort "ragoût" und bezeichnet geschmorte Fleisch-, Fisch- oder Gemüsegerichte in einer pikanten Sauce. Bolognese steht für den Ursprung des Gerichtes in Bologna. In der Hauptstadt der Region Emilia-Romagna wurde während der Renaissance aus dem ragoût das ragų. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten Ragų-Rezepte.
Der heutige Name „alla bolognese“ tauchte zum ersten Mal im Jahr 1891 auf. Damals veröffentlichte der florentinische Seidenhändler und leidenschaftliche Feinschmecker Pellegrino Artusi ein Kochbuch unter dem Namen „La scienza in cucina e l’arte di mangiar bene“ (Von der Wissenschaft des Kochens und der Kunst des Genießens). In diesem Werk befindet sich neben fast 800 Rezepten aus vielen italienischen Regionen auch ein Rezept für ragù nach heutigen Kriterien: Rezept Nummer 87 „Maccheroni alla bolognese“. Seither, das stelle ich als Bestandteil aller übrigen Bolognese- Rezepturen fest, bereitet jede „madre“ (Mutter) die beste Bolognese-Sauce der Welt zu. Obwohl dies zutreffend sein mag, haben die einzelnen „Familienrezepturen“ bei der Kochumsetzung und den unterschiedlichen Zutatenlisten insgesamt zu mehr an Irritationen, als zu konkreten Handlungsanleitungen geführt.
Deshalb hat im Oktober 1982 die Handelskammer von Bologna ein Originalrezept für ragù alla bolognese eingereicht. Darin sind die Zutaten und die Zubereitung genau festgelegt: grobes Rinderhackfleisch, Pancetta, Karotten, Stangensellerie, Zwiebeln, Tomaten, trockener Weißwein, Vollmilch, Gemüsebrühe, Olivenöl oder Butter, Salz und Pfeffer.
Übrigens: Wer zum Thema Bolognese recherchiert stößt bald auf das kulinarische Kochmagazin „Effilee“. Dieses Magazin hatte sich in einer seiner Ausgaben der „Original Bolognese“ gewidmet und die wohl bekannteste Köchin, Anna Maria di Monari von der Trattoria Anna Maria, in der Altstadt von Bologna aufgesucht. In diesem Artikel wird relativ nah die Rezeptur zum Originalrezept, und auch zu „meinem Ragù“ beschrieben.
Welches Rindfleisch sollte verwendet werden?
- Ich verlasse mich hier auf die bei verschiedenen italienischen Köchen empfohlene 3-B-Regel: Am besten eignen sich langfaserige, durchwachsene Teilstücke wie Bug, Brust oder Bauch. Auch sollte das Hack nicht totgewolft sein, sondern darf gerne gröber aus dem Fleischwolf kommen.
Was macht Pancetta so besonders?
- Im Gegensatz zu der deutschen Variante, dem Schweinebauchspeck, ist diese italienische Spezialität nicht geräuchert und hat deswegen einen ganz besonders milden Geschmack.
Tomatenwürfel oder Passata
- Passata di pomodoro genannt bestehen aus passiertem Tomatenmus. Das Mus enthält weder Tomatenschalen noch Kerne. Passata ist daher die ideale Basis für ein feines Ragų. Bei dieser Verwendung bin ich auf gleicher Wellenlänge mit Elisa Rusconi, Köchin in der Trattoria da Me.
Was ist ein Soffritto?
- Das geschmorte Soffritto ist die typische Grundlage für Ragų alla bolognese und viele weitere italienische Fleisch- oder Fischgerichte. Das italienische Wort soffriggere bedeutet: anbraten oder sautieren. Allen Soffritto-Zubereitungen ist gemeinsam, dass die Mischung aus kleingeschnittenem Gemüse in Fett angeröstet, gedünstet oder angebraten wird.
... aber, Sofrito (katalanische Schreibweise … oder portugiesisch als Refogado) ist viel älter als die italienische Ersterwähnung in Kochbüchern. Die erste bekannte Erwähnung der Technik wird im "Libre de Sent Soví" um 1324 als " sofregit " beschrieben. Dieses Kochbuch aus der katalanischen Region Spaniens ist eines der ältesten in Europa. Bei der Zubereitung meiner „Bolognese“ erlaube ich mir eine „zweigleisige“ Vorgehensweise, die jedoch nicht im Gegensatz zum Originalrezept steht. Ich bereite das Soffritto parallel zum Bolognese-Ansatz zu. Dazu mehr im Rezept.
Olivenöl oder die gute alte Butter?
- Ich habe mir in den Jahren eine kleine Abweichung in Punkto Olivenöl erlaubt. Das klassische Olivenöl ist für meinen Geschmack zu überlagernd im Geschmackserlebnis in einer Bolognese, weshalb ich es mit einem guten Schlag Butter ersetzt habe.
Und warum nicht Spaghetti alla Bolognese?
- Dass es dieses eingedeutschte Gericht in Italien nicht in Kombination mit Spaghetti gibt, hat einen einfachen Grund: Die Sauce nach Bologneser Art haftet nicht besonders gut an den glatten und dünnen Spaghetti. Deshalb gibt es in Italien zu einem ragų alla bolognese kurze oder breite Nudeln - wie etwa Tagliatelle.
Tagliatelle gehören zu den Bandnudeln und sind vor allem in Norditalien verbreitet. Mit ihren fünf bis zehn Millimetern sind Tagliatelle breiter als andere Nudeln und werden im getrockneten Zustand in Nest-Form aufbewahrt. Aufgrund der rauen und großen Oberfläche ist diese Nudelsorte ideal geeignet für Gerichte mit einem dicken cremigen Ragù.